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Als Gott die Menschen schuf, pflanzte er jedem von ihnen einen leuchtenden Stern ein, damit sich die Menschen auf Erden zurecht fanden und zu seinem Ruhme strahlten. Dem einen setzte er seinen Stern in den Kopf, damit er viele gute Ideen habe. Dem nächsten pflanzte er einen Stern in die Kehle, damit er singen und die Menschen mit seiner Musik erfreuen könne. Dann wiederum setzte er Sterne in die rechte Hand oder in den linken Fuß, oder wo immer es ihm gerade gefiel. Den Sonntagskindern pflanzte er den Stern mitten ins Herz, damit die Liebe auf die Erde käme. Manchmal, wenn Gott gut gelaunt war, gab er einzelnen Menschen auch zwei Sterne mit für ihr Erdenleben. Das waren dann die besonders Glücklichen, die sowohl singen konnten als auch sehr geschickt mit ihren Händen waren; oder die schwierige Rätsel lösen konnten und trotzdem sogar auch noch verständnisvolle Menschen waren; oder die liebevoll mit ihren Kindern umgingen und gleichzeitig auch noch wichtige Bücher schrieben. Ganz selten stattete er einzelne Menschen sogar mit drei, manchmal sogar mit vier oder fünf Sternen aus. |
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Eines Tages entließ er wieder so einen Fünfsterner auf die Erde. Den einen Stern trug das Kind im Kopf, den zweiten in den Händen, der dritte saß ihm auf der linken Schulter, der vierte im Bauch und der fünfte mitten in seinem Herzen. Das Kind war klug, liebevoll, geschickt, hatte Mitgefühl mit anderen Menschen, und es strahlte über alle Maßen. |
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Eines Tages jedoch zog ein mächtiger Sturm auf, und der Stern auf seiner Schulter fiel herab. Das Kind erschrak sehr bei dem mächtigen Sturm, aber so sehr es auch suchte, es konnte den verlorenen Stern nicht wieder finden. Da wurde das Kind ganz betrübt und weinte, aber mit der Zeit gewöhnte es sich daran, dass es jetzt nur noch vier Sterne besaß. |
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Nach einer Weile verlosch der zweite Stern. Aber da das Kind noch immer drei Sterne hatte, und das noch immer mehr Sterne waren, als die meisten anderen Menschen ihr eigen nannten, fiel es nicht weiter auf. Nur das Kind wurde immer trauriger und wusste selber nicht genau warum. Oft stand es nachdenklich am Fenster und spürte, dass ihm etwas fehlte. |
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Die Jahre gingen ins Land, da erlosch der dritte Stern. Nun wurde das Kind ganz verzweifelt, und es ging nicht mehr aus dem Haus. Es weinte und konnte gar nicht mehr aufhören. Schließlich suchte es Hilfe bei einem, von dem es hieß, er könne erloschene Sterne reparieren. Dieser Mensch war aber nur ein Einsterner, dessen Stern völlig verhangen war und kurz vor dem Erlöschen stand. Er war neidisch auf das Kind, das da zu ihm kam und darüber klagte, dass es nur noch zwei leuchtende Sterne habe. Deshalb erstickte er den vierten Stern in dem Kind und brachte ihn so zum Erlöschen. Da wusste das Kind, dass es keine Hilfe zu erwarten hatte. Mit der Zeit gewöhnte es sich daran, dass nur mehr ein einziger Stern in ihm leuchtete. Den Menschen um es herum war nichts weiter aufgefallen, denn sie waren sowieso nur an Einsterner gewöhnt. Aber dem Kind tat es sehr weh, dass es nur noch einen einzigen Stern hatte, denn irgendwo, in einem verborgenen Winkel seines Herzens wusste es, dass es einmal fünf Sterne gehabt hatte. |
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So ging das Kind durchs Leben. Das Leben war rau und hart, so dass auch der letzte der dem Kind noch verbliebenen Sterne immer trüber wurde. Schließlich war dieser letzte Stern nur mehr eine kleine hässliche Funzel. Da wollte das Kind nicht mehr weitergehen, und es setzte sich mutlos am Wegesrand nieder. Es war ganz geschwächt und traurig, und es fing an zu grübeln. Es wusste nicht, was es tun sollte, denn äußerlich ging es ihm ja gut. Es dachte, es sei einfach der Lauf der Dinge, dass Sterne mit der Zeit verblassten, trüb wurden oder sogar erloschen. |
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Da hörte das Kind zufällig, dass es irgendwo auf dem Planeten eine Sternenwerkstatt gebe, wo erloschene Sterne wieder angezündet und trübe gewordene Sterne aufpoliert wurden. Das Kind, das ein tapferes Kind war, und dem es fern lag, sich zu beklagen oder zu jammern, überlegte lange, ob es wohl auch einmal in diese Werkstatt gehen solle, in der Sterne wieder zum Leuchten gebracht wurden. Schließlich fasste es sich ein Herz, denn es war nun schon ziemlich dunkel um das Kind geworden, und es kam nur mehr äußerst mühsam voran. Da dachte es sich, dass es nicht mehr viel zu verlieren habe und ruhig einmal die Sternenwerkstatt aufsuchen könne. So machte es sich auf den Weg. |
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Als es in der Sternenwerkstatt ankam, sah es dort viele Ein- Zwei- und Dreisterner, deren Lichter trübe geworden oder erloschen waren. Auch sah es eine Reihe von Ein- Zwei- und Dreisternern, sogar ein oder zwei Fünfsterner waren darunter, deren Lichter ganz in Ordnung zu sein schienen und die sich bemühten, die Sterne der anderen wieder zum Leuchten zu bringen. Das war ein Scheuern und Putzen, dass es eine Pracht war, und tatsächlich fingen die Lichter der meisten Menschen nach und nach wieder an ein wenig stärker zu strahlen. Selbst ganz erloschene Sterne wurden wieder zum Leuchten gebracht, denn selbst von vollständig erloschenen Sternen geht noch eine ganz leise Botschaft aus, dass dort einmal ein Stern gewesen war. Das Kind ging verwundert durch die Werkstatt und schaute mal hier und mal dort und beobachtete, wie Sterne repariert und geputzt wurden. Es war begeistert zu sehen, wie die Sterne der anderen wieder anfingen zu strahlen. Es konnte sich nicht satt sehen an diesem Schauspiel. |
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Nach einer Weile musste das Kind wieder nach Hause, denn seine Zeit in der Sternenwerkstatt war abgelaufen. Seine Sterne hatten wieder angefangen hier und dort ein wenig zu flackern, genug, um zu sehen, dass dieses Kind, selbst, wenn es sich dessen kaum noch bewusst war, einmal ein Fünfsterner gewesen war. Das Kind war froh und dankbar für die Zeit, die es in der Sternenwerkstatt hatte verbringen dürfen, und es dachte, nun würde alles wieder gut werden. Aber, kaum war es abgereist, fingen seine Sterne wieder an trübe zu werden. Und einer nach dem anderen verlosch erneut. Da wurde das Kind ganz verzweifelt und wollte nicht mehr leben. Wenn nicht einmal die Sternenwerkstatt seine Sterne reparieren konnte, dann war alles verloren. So legte es sich denn hin und sehnte seinen Tod herbei. |
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Es lag viele Tage und Nächte, nahm weder Speis noch Trank zu sich. Und wie es da so lag und auf das Ende wartete, träumte ihm eines Nachts, dass eine Fee kam, die zündete einen Stern wieder an. Am anderen Morgen wunderte sich das Kind, denn ihm war plötzlich ganz wohlig zumute. Da erhob es sich, und den ganzen Tag dachte es nun an den neu erleuchteten Stern, und es polierte ihn ununterbrochen und mit großem Eifer, damit er ja nicht wieder verlösche. In der nächsten Nacht kam eine weitere Fee, die zündete den zweiten Stern an, und auch hier gelang es dem Kind durch fleißiges Schrubben und Polieren den Stern am Leuchten zu erhalten. So ging es auch die beiden folgenden Nächte. Jede Nacht kam eine andere Fee, die zündete einen weiteren Stern an. Am Tage arbeitete das Kind unaufhörlich und mit großem Fleiße daran, dass die Sterne auch nur ja am Leuchten blieben. In der fünften Nacht schließlich entzündete die letzte Fee den Stern im Herzen des Kindes, und als das Kind am nächsten Morgen aufwachte, rieb es sich die Augen und schaute in die Welt, die sich in all ihrer Pracht und in all ihrem Reichtum vor ihm ausbreitete. Die Fee hatte dem Kind in der Nacht ins Ohr geflüstert, dass, wenn es täglich fleißig seine Sterne poliere, sie nie mehr ausgehen würden und stattdessen in immer hellerem Licht erstrahlten. Von Stund an ging das Kind fröhlich seiner Wege. Es wusste, dass seine Sterne nun nicht mehr verlöschen würden, und fortan strahlten zum Ruhme Gottes und zur Freude der Menschen. Ab und zu traf es auf einen anderen Fünfsterner, und dann kannte seine Freude keine Grenzen. |
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